"In der Schlange der Träume" von Rita Sineiro und Laia Domènech

Titel: In der Schlange der Träume

Autorin: Rita Sineiro

Illustratorin: Laia Domènech

Übersetzerin: Katharina Diestelmeier

Verlag: Knesebeck (19. Januar 2023)
Seiten: 40
Vom Hersteller empfohlenes Alter: ab 4 Jahren

Mitten in der Nacht fliehen ein kleiner Junge und sein Vater vor den eisernen Schritten der Soldaten und den Bomben, die ihr Zuhause zerstören. Von da an müssen sie Mauern überwinden, das Meer überqueren, in kalten Zelten schlafen – und immer wieder warten. Darauf, dass aus ihren roten Stempeln blaue werden, damit sie endlich Unterschlupf in einem anderen Land finden. Um die Wartezeit zu verkürzen, träumen sie gemeinsam: von der Zukunft, von ihrem neuen Zuhause – und von ihrem alten.

(Bild- und Textquelle: Knesebeck)

Meine Meinung:

Leider ist das Thema Krieg und Flucht sehr aktuell und macht auch vor jüngeren Kindern nicht halt. Doch wie ihnen diese schwierige Sache näher bringen? Die Bilder in den Nachrichten sind definitiv nicht für sie gedacht und Bilderbücher gibt es immer noch relativ wenige zu dieser Thematik. Rita Sineiro und Laia Domènech erklären in ihrem Bilderbuch "In der Schlange der Träume" kindgerecht, was es bedeutet, flüchten zu müssen - und zwar aus der Sicht eines Kindes.

Als der Krieg immer schlimmer wird, holt der Vater seinen grössten Koffer und packte alles ein, was er retten musste, vor allem seinen Sohn. Unterwegs sind sie den Elementen und Gefahren schutzlos ausgesetzt. An einer Landesgrenze werden sie abgewiesen, weshalb sie gezwungen sind, den riskanten Weg über das Meer zu nehmen. Trotz zu wenigen Rettungswesten und Schiffsunglück gelingt es Vater und Sohn, erst auf ein Schiff zur Seenotrettung und schliesslich in einem Flüchtlingslager in Italien anzukommen. Von nun an scheint ihr Leben aus Schlangen zu bestehen: Schlange stehen zum Zähneputzen, langes Anstehen um an Essen zu kommen oder zu einem Arzt. Doch eigentlich träumt der Sohn von einer Schlange, die ihn und seinen Vater wieder nach Hause zurückbringt.

Abends erzählt mir Papa immer Geschichten von einem Land voller Burgen und Schätze, in das er mich bringen will.

Er sagt, dass er Geschichten erzählt, damit mir nie die Träume ausgehen. Denn nur die Träume haben die Macht, das Warten in Hoffnung zu verwandeln.     (aus "In der Schlange der Träume"

Rita Sineiro und Laia Domènech gehen mir diesem äusserst schwierigen Thema sehr behutsam und kindgerecht um. Dass die Geschichte aus der Sicht eines Kindes erzählt wird, ist dabei das Besondere und macht es den jungen Zuhörern einfacher, sich in so eine für uns unvorstellbare Situation einzufühlen. 

"In der Schlange der Träume" ist eine herzergreifende Erzählung, die auf eindrucksvolle Weise die unermüdliche Geduld, die Ängste und die Hoffnung von Flüchtlingen für junge Leser verständlich macht. Dem Vater gelingt es nämlich immer wieder, den Jungen mit neuen Gedanken abzulenken und dazu zu ermutigen, den beschwerlichen Weg fortzusetzen. 

Laia Domènech untermalt diese bewegende Geschichte mit ihren ausdrucksstarken Bildern. Durch die gedeckten, eher düsteren Farben, wird die Atmosphäre sehr gut transportiert.

Am Ende des Buches gibt es noch ein längeres Nachwort, in dem unter anderem an Alan erinnert wird, einem dreijährigen Syrer, der tot an den türkischen Strang gespült wurde.

      

Fazit:

"In der Schlange der Träume" ist ein ausdrucksstarkes, eindringliches und kindgerechtes Bilderbuch zum Thema Flucht vor dem Krieg. Feinfühlig bringen Rita Sineiro und Laia Domènech die Ängste und Sorgen, aber auch das Hoffen von Flüchtenden näher. Und dazu gehören auch endlose Warteschlangen, an deren Ende meistens etwas Lebensnotwendiges wartet und nicht das Erfüllen der Träume. Trotz allem schenkt das Buch am Ende Hoffnung.